Langstrecken-WM: Spannung vor Saisonstart in Florida đŸŽ„

VIEL NEUES Wie 2019 werden auf dem archaischen Sebring Raceway am Freitag der erste Lauf zur Langstrecken-WM und am Samstag das klassische 12-Stunden-Rennen mit interessanter Schweizer Beteiligung ausgetragen.

 

Mit zweitĂ€gigen Testfahrten – dem sogenannten Prolog (Szenen siehe Video von Lanky Turtle) – startete die FIA World Endurance Championship, kurz Langstrecken-WM, am vergangenen Wochenende in Sebring in ihre zehnte Saison.

Erinnerungen an Marcel FĂ€ssler
Der 6019 Meter lange und teilweise sehr holprige Sebring International Raceway ist die Wiege des amerikanischen Sportwagenrennsports. Vor 70 Jahren fand das erste 12-Stunden-Rennen und vor zehn Jahren gleicher StĂ€tte auch der erste WEC-Lauf ĂŒberhaupt statt.

Marcel FÀssler stand 2012 mit dem schnellsten der drei Audi R18 auf der Pole-Position der traditionellen und erstmals in der Moderne zur Weltmeisterschaft zÀhlenden Twelve Hours of Sebring, beendete sie aber nach diversen Problemen nur an elfter Stelle.

Vor drei Jahren kehrten die WM-Teams auf die archaische Rennstrecke im Herzen Floridas zurĂŒck und trugen am Vortag des US-Klassikers ihr eigenes 1000-Meilen-Rennen aus. Dieses bildet nun am kommenden Freitag mit Start um 12 Uhr Ortszeit (17 Uhr MEZ) ĂŒber die gleiche Distanz oder maximal acht Stunden Renndauer den WM-Auftakt 2022.

Titelverteidiger Toyota wieder mit zwei Hybrid-Hypercars
Als Titelverteidiger tritt das 2021 ungeschlagene Toyota Gazoo Racing Team mit seinen zwei im Rahmen des Erlaubten modifizierten GR010 Hybrid an. Grösste Änderung ist der Wechsel der Reifengrösse auf 18 Zoll vorne und hinten.

Damit einher gehen Modifikationen an der Karosserie, um den Luftstrom aufrechtzuhalten und innerhalb des geforderten aerodynamischen Leistungsfensters zu bleiben. Sichtbar wird dies unter anderem am vergrösserten hinteren Windabweiser und an der Finne der Motorabdeckung.

Rennbenzin aus Biomasse
Der 3,5-Liter-V6-Motor selbst arbeitet, wie alle Triebwerke der WEC-Fahrzeuge 2022, erstmals mit zu 100 Prozent erneuerbarem Treibstoff von Einheitslieferant TotalEnergies.

Das Excellium Racing 100 wird aus Weinresten und landwirtschaftlichen Materialien hergestellt. Dies reduziert die CO2-Emissionen um mindestens 65 Prozent und trÀgt zu mehr Nachhaltigkeit im Motorsport bei.

SĂ©bastien Buemi will an die Spitze zurĂŒck
Schweizer Speerspitze im hochkarÀtigen Teilnehmerfeld ist und bleibt Sébastien Buemi (Galerie Mitte). Der WaadtlÀnder strebt mit Toyota seinen dritten WM-Titel nach 2014 und 2018/19 sowie im Juni den vierten Triumph bei den 24 Stunden von Le Mans an.

Im Vorjahr musste sein Nummer-8-Team den Vortritt den auch in der Weltmeisterschaft siegreichen Teamkollegen Kamui Kobayashi, Mike Conway und JosĂ© MarĂ­a LĂłpez ĂŒberlassen. Der frĂŒhere Sauber-GP-Pilot Kobayashi ĂŒbt neuerdings eine Doppelfunktion als Teamchef und Fahrer aus.

Japaner ersetzt Japaner
Derweil ist der als Rennfahrer zurĂŒckgetretene Kazuki Nakajima nun stellvertretender Vorsitzender von Toyota Gazoo Racing Europe, der operativen Basis des WEC-Teams. Nakajima wird das Team bei den Rennen unterstĂŒtzen und seinen Nachfolger auf Fahrerseite, Ryo Hirakawa, betreuen. Der Japaner, der 2016 und 2017 in der LMP2-Klasse in Le Mans antrat, fĂ€hrt im Hypercar #8 an der Seite von SĂ©bastien Buemi und Brendon Hartley.

Warten auf weitere Gegner
Die Toyota-Gegner in der Hypercar-Klasse sind vorderhand wie 2021 eine Alpine mit Gibson-V8-Motor und ein Glickenhaus mit Turbomotor von Pipo aus Frankreich, beide ohne Hybrid. In Le Mans wird ein zweiter Glickenhaus 007 LMH dazukommen.

Peugeot Sport braucht noch lĂ€ngere Entwicklungszeit und wird mit dem revolutionĂ€ren 9X8 (Hypercar ohne HeckflĂŒgel) erst nach Le Mans ins Geschehen eingreifen. Richtig Bewegung in die Königsklasse kommt dann ab 2023 mit zusĂ€tzlichen Herstellern wie Porsche, Ferrari und Cadillac. Hingegen hat Audi sein LMDh-Programm vorlĂ€ufig ausgesetzt.

Vier statt nur drei schnelle Schweizer in der LMP2
Quantitativ am stĂ€rksten besetzt ist die Klasse LMP2, die beim Prolog in Sebring aus 15 Oreca 07-Gibson bestand. Schweizer Fahrervertreter in drei verschiedenen Teams sind hier Louis DelĂ©traz, Nico MĂŒller, Mathias Beche und kurzfristig auch Fabio Scherer.

WĂ€hrend ELMS-Champion DelĂ©traz und RĂŒckkehrer Beche reichlich LMP2-Erfahrung haben, hat der zweifache DTM-Vizemeister MĂŒller erst ein WEC-Rennen (2017 in Shanghai) hinter sich. Sein Team Vector Sport ist ebenfalls neu im WEC-Business.

Der zweifache Vorjahressieger Fabio Scherer wechselt hingegen ins europĂ€ische Pendant ELMS. UrsprĂŒnglich war fĂŒr ihn in Sebring nur der Start beim 12-Stunden-Rennen am Samstag, das auch DelĂ©traz bestreiten wird, geplant. Weil Alex Brundle wegen eines positiven Coronatests im Team Interpol ausfĂ€llt, kommt der Engelberger kurzfristig schon im WEC- und anderntags im IMSA Endurance-Cup-Rennen (dann bei High Class Racing) zum Einsatz.

Neel Jani im Werks-Cadillac statt Porsche
Klein, aber fein ist die GT-Königsklasse LMGTE Pro mit je zwei Werkswagen von Porsche Motorsport und AF Corse/Ferrari sowie einer neuen Corvette C8.R (Galerie links). Die Amerikaner haben sich erstmals fĂŒr eine komplette WEC-Saison eingeschrieben und nicht nur fĂŒr Le Mans oder sporadische EinsĂ€tze wie bisher.

Nachdem Neel Jani kein GT-Aufgebot mehr erhielt, obwohl er als Partner des Franzosen Kevin Estre 2021 bis zuletzt um den WM-Titel gekÀmpft hatte, ist die Schweiz hier nicht mehr vertreten.

Der Bieler selbst kommt dafĂŒr zu einem kurzfristigen Einsatz im 12-Stunden-Rennen von Sebring, wo er bei Chip Ganassi/Cadillac Racing den ebenso kurzfristig in die Formel 1 zurĂŒckgekehrten Kevin Magnussen ersetzt. Gut möglich, dass sich mehr daraus ergibt, denn noch hat Jani kein Rennprogramm fĂŒr 2022 fixiert.

2017 startete Neel Jani im Oreca LMP2 von Rebellion aus der Pole-Position. Nun sitzt der Bieler in einem Cadillac DPi, die ihn am Start verfolgten.

Drei Schweizer Ferrari-Piloten
In der Klasse LMGTE Am muss jedes Team einen Fahrer mit Bronze- und Silber-Status ans Steuer lassen, am Ende geben hier also Nicht-Profis den Ausschlag.

So sitzen in je einem Ferrari 488 GTE Evo WEC-Rookie Christoph Ulrich und der routinierte Flugunternehmer Thomas Flohr sowie Rahel Frey im reinen Frauenteam von Iron Lynx (AutoSprintCH berichtete). In der Galerie rechts sind die drei schnellen Frauen bei der Streckenbegehung mit ihrem Renningenieur zu sehen.

WEC-Einstieg von Niki Leutwiler
Obwohl er bald 62 Jahre auf dem Buckel hat, will es Niki Leutwiler nochmals wissen. Dass er noch schnell ist, bewies er in den letzten Jahren in verschiedenen GT3- und GT4-Serien.

Die grosse BĂŒhne kennt der vielseitige Unternehmer aus Feusisberg von seinen beiden LMP2-EinsĂ€tzen in Le Mans 2014 und 2016. Mit Porsche-Werksfahrer Matteo Cairoli als Zugpferd im Team Project 1 aus Deutschland kehrt Leutwiler nun im Sommer dorthin zurĂŒck.

58 Stunden Renndauer auf sechs Rennstrecken
Insgesamt stehen nur sechs Rennen im WEC-Kalender 2022, dafĂŒr fĂŒnf auf klassischen Sportwagen-Rennstrecken, zu denen man Bahrain trotz wiederholter Finallaufaustragung noch nicht wirklich dazuzĂ€hlen kann.

  • 18. MĂ€rz: 1000 Meilen Sebring
  • 7. Mai: 6 Stunden Spa-Francorchamps
  • 11./12. Juni: 24 Stunden Le Mans
  • 10. Juli: 6 Stunden Monza
  • 11. September: 6 Stunden Fuji
  • 11. November: 8 Stunden Bahrain

Das Rennen in Sebring wird am Freitag, 18. MĂ€rz, von 19 bis 00.30 Uhr live auf Eurosport 1 im Fernsehen ĂŒbertragen. Ein Livetiming und die kompletten Resultate aller Rennen in Sebring gibt es unter diesem Link.

fiawec.com

(Visited 662 times, 1 visits today)

Weitere Artikel zum Thema