Schweiz: Qual der Wahl für Fans von Bergrennen 🎥

DREI AN EINEM WOCHENENDE Mit St-Ursanne–Les Rangiers steigt nach drei Jahren wieder das grösste, zur EM zählende Schweizer Bergrennen. In Walzenhausen–Lachen und Ollon–Villars stehen historische Fahrzeuge im Mittelpunkt.

 

Das Internationale Bergrennen St-Ursanne–Les Rangiers ist im Kalender der Schweizer Meisterschaft einzigartig. Seit 1972 zählt es zur Europa-Bergmeisterschaft, und es wird von den Fahrern geliebt, gefürchtet oder gemieden.

Die Highspeedshow im Jura
Die Passage rund um die Tankstelle am Dorfausgang von St-Ursanne und die danach mit Vollgas angefahrene „Les Grippons“, einer Linkskurve unter der Autobahnbrücke, sind ein Leckerbissen für Kenner des Bergrennsports und eine Mutprobe für die Fahrer.

Der seit Jahren ungeschlagene Simone Faggioli legte die 5180 Meter hoch nach Les Malettes 2019 in 1’39,306 und einem Schnitt von unglaublichen 187,8 km/h zurück. Notabene trotz der zwei Haarnadelkurven an dem für Zuschauer wunderbar übersichtlichen «Petit Susten» und einer dritten Kehre unterhalb des Ziels.

Die beiden Videos veranschaulichen die Streckencharakteristik und den ungeheuren Speed.

 

Christian Merli als einsamer Favorit
Heuer konzentriert sich Multi-Champion Faggioli auf die nationale Meisterschaft und überlässt Landsmann Christian Merli (Galerie Mitte) das Revier. Der Trentiner ist daher der Kronfavorit bei dem zum 76. Mal ausgetragenen Bergrennen, nachdem er Faggioli trotz nervenaufreibender, tapferer Gegenwehr bisher immer unterlag.

Da auch Merli vor drei Jahren eine 1’39er-Zeit gelang, ist ihm am Steuer des optimalen Osella FA30 mit Dreiliter-Zytek-LMR-V8-Motor (Galerie links) auch ein neuer Streckenrekord zuzutrauen. Zuletzt tat er dies am 7. August 2022 beim FIA Hill Climb Cup in Osnabrück (Bericht hier).

Wer steht auf dem Podium?
Spannend wird auch der Kampf um die Ehrenplätze auf dem Gesamtsiegerpodium. In Abwesenheit von SM-Leader Eric Berguerand (fährt seit dem schweren Unfall von 2007 nie mehr dort) war in den vergangenen Jahren stets Marcel Steiner die Nummer 3 hinter dem Italo-Duo.

Da Steiner den Helftec-Honda-Turbomotor im LobArt-Sportwagen nicht mit einem bei FIA-Rennen vorgeschriebenen Restriktor bestücken will, geht es beim Berner primär ums Prestige und um volle 25 Punkte zur Schweizer Meisterschaft.

Weitere Podiumsanwärter sind Robin Faustini, Joël Volluz und der Deutsche Alexander Hin in ihren Osella FA30 sowie der zumindest in seiner Heimat immer schnelle Spanier Joseba Iraolo und der Tscheche Petr Trnka in ihren Sportwagen. In der Berg-EM der Kategorie 2 Rennsportwagen führt Merli vor Trnka und Hin.

Robins Papa Simon Hugentobler gibt mit dem «alten» Reynard 97D ein Comeback und wird dabei versuchen, mindestens einen oder mehr Klassengegner hinter sich zu lassen. Insgesamt stehen 14 Dreiliter-Rennsportwagen aus den Gruppe E2-SC und E2-SS in der Startliste.

Fernduelle bei den Tourenwagen
Komplett zweigeteilt sind die Tourenwagen. In der EM-Wertung wird seit 2021 in Gruppen nach Performance-Faktor (Pf1 bis 5) gefahren, in der SM in den gewohnten Kategorien.

So kommt es zum Fernduell zwischen den stärksten Schweizern Reto Meisel im Mercedes SLK 340 und Roger Schnellmann im Mitsubishi-Monster aus der Gruppe E1 mit dem Österreicher Karl Schagerl im rund 700 PS starken VW Golf Turbo (Galerie rechts, Foto: Michael Tratinak, Hillclimbfans), dem infernalischen Italiener Manuel Dondi im Fiat X 1/9 mit Alfa-Romeo-STW-Motor und dem Kroaten Domagoj Perekovic in seinem Mitsubishi, alle aus der EM-Gruppe 1.

Den Schweizern geht es natürlich in erster Linie um SM-Punkte, den Ausländern um wichtige EM-Zähler. Doch Tourenwagen-Gesamtsieger und damit Nachfolger von Ronnie Bratschi kann nur einer werden. Der Streckenrekordhalter aus dem Kanton Uri wird bloss als Beobachter vor Ort weilen, weil sein Mitsubishi mangels Motorersatzteilen nicht einsatzbereit ist. Bratschi hofft, im Herbst wenigstens noch irgendwo testen zu können.

Ebenso interessant wird der Vergleich der Laufzeiten zwischen Lokalmatador Frédéric Neff im Porsche 996 GT2 R und dem im Jura immer starken Franzosen Nicolas Werver in einem 997 GT3 R sein.

Los geht es am Samstag ab 7 Uhr mit dem ersten von drei Trainingsläufen. Start zum ersten von zwei Rennläufen ist am Sonntag ebenfalls bereits um 7 Uhr in der Früh.

Der „Petit Susten“ bietet Zuschauern einen schönen Überblick über den oberen, technischen Streckenteil (Fotos: Peter Wyss).

Bergrenn-Revivals in der Ost- und Westschweiz
Sehenswert sind auch die beiden anderen Veranstaltungen, obwohl es dort nicht um Bestzeiten geht. Der «Historische Bergsprint Walzenhausen–Lachen» hoch über dem Bodensee und das «Historic Hillclimb Ollon–Villars International Motor Race» im Waadtland erinnern mit ihren periodischen und wegen Corona verschobenen Revivals an frühere Bergrennen.

Diese Terminkollision ist unglücklich, denn beide Anlässe locken mit einem schönen Teilnehmerfeld von historischen Sportfahrzeugen mit zwei, drei und vier Rädern. In Walzenhausen sind mehrheitlich Deutschschweizer am Start, auch etliche mit modernen Rennfahrzeugen. Zu den Perlen zählen Fredy Lienhard im Ferrari 333SP, Peter Sauber im Sauber C1, die Formel 2 von und mit Fredy Amweg, Lokalmatador Erwin Steingruber, Roger Moser und Jo Vonlanthen sowie Lukas Eugster und Christoph Lampert in ihren modernen Zweiliter-Sportwagen.

Mit Agostini, Stewart und Siffert
In Ollon sind derweil die Romands und einige Ausländer in der Überzahl. Stars sind Motorradikone Giacomo Agostini, Jackie Stewart (wohl nur am Samstagnachmittag in einem Ferrari) sowie Nicolas Prost und Philippe Siffert, die Söhne zweier F1-Legenden.

Im automobilen Mittelpunkt stehen die Sport- und Rennwagen von Cegga aus Aigle, die vor allem mit OK-Ehrenpräsident Georges Gachnang (91) bei manchen Schweizer Bergrennen Geschichte geschrieben haben.

Mehr Infos gibt es Internet. Empfehlungen kann man beim besten Willen keine abgeben…

rangiers.ch

bergsprint.ch

ollon-villars.com

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