Jenzer: «Wenn 2020 nur etwas stattfindet…»

KURZARBEIT IN LYSS Von den Absagen der ersten acht Grands Prix ist in der Schweiz neben Sauber auch Jenzer Motorsport betroffen. Die Formel-3-Rennwagen wären für den Saisonstart in Bahrain bereit gewesen. Vor weniger als einem Monat sah auch die Welt von Andreas Jenzer noch anders aus. Wie alle zehn Teams aus der FIA Formel-3-Meisterschaft nahm […]

Nach den Testfahrten in Bahrain vom 1. bis 3. März räumte Jenzer Motorsport seine Rennwagen ein. Dies ersparte im Nachhinein viel Aufwand (Fotos: Carl Bingham/LAT Images/ FIA F3 Championship).

Vor weniger als einem Monat sah auch die Welt von Andreas Jenzer noch anders aus. Wie alle zehn Teams aus der FIA Formel-3-Meisterschaft nahm Jenzer Motorsport Anfang März an den offiziellen Testfahrten in Bahrain teil.

Dort sollten im Rahmen des zweiten Saison-GP am 21./22. März auch die ersten zwei Rennen über die Bühne gehen. Erste Anzeichen, dass diese wegen der weltweiten Verbreitung des Coronavirus als Geisterrennen laufen werden, gab es dann bereits. Aber auch dazu kam es nicht mehr.

Waise Voraussicht sparte zusätzlichen Aufwand
Alle 30 Rennwagen blieben auf dem Gelände des Bahrain International Circuit. Weil sie jedoch nicht in einer Boxengarage, sondern in einem durchaus robusten Zelt gelagert waren, wählte der Teamchef die Option, das ganze Material in die Transportkisten zu verstauen und es am Rennwochenende wieder auszupacken. Das Risiko eines Sandsturms und seinen Folgen war ihm zu gross.

Dies kam ihm nach der Absage bzw. der Verschiebung auf unbekannte Zeit zugute. Keiner aus dem Team musste nochmals nach Bahrain fliegen, um die Autos für den Rückflug nach Europa zu verpacken. Wann und wo sie zurück in Lyss sein werden, ist allerdings ungewiss. Erwartet werden sie in diesen Tagen.

Wann und wo die Formel-3-Rennwagen aus Lyss 2020 an den Start geschoben wird, ist ungewiss. Doch sie sind bereit.

Nicht vor Sommer
Einsetzen kann sie Jenzer Motorsport momentan sowieso nicht. Für den Test wurden die drei Tatuus-Rennwagen komplett neu aufgebaut. Nun sind sie in zwei Arbeitstagen wieder bereit für den Saisonstart. Doch dieser steht in weiter Ferne.

Inzwischen sind nämlich auch der GP der Niederlande und der GP von Spanien auf unbestimmte Zeit verschoben worden. Die weiteren geplanten Europa-Rennen, wo die Formel 3 fahren soll, sind erst im Juli in Spielberg, Silverstone und Budapest.

Wie die ganze Welt hofft der Chef eines KMU, dass das Schlimmste bis dahin überstanden ist und wieder gefahren werden darf, egal unter welchen Bedingungen.

Hauptsache, es gibt keinen Stillstand bis Ende Jahr
Weil die Gesundheit vorgeht, hat Jenzer mit der gegenwärtigen Situation überhaupt kein Problem. Die Freelancer sind längst bei ihren Familien zu Hause, so dass von 16 bis 18 Leuten in der Werkstatt zurzeit nur noch acht mit der nötigen Distanz zueinander im Betrieb sind.

Der Antrag auf Kurzarbeit ist eingereicht. Alles, was aufgearbeitet und vorbereitet werden kann, wird nun getan.

Andreas Jenzer: «Mir wäre es am liebsten, wenn wir in zwei, drei Monaten wieder anfangen könnten. Wichtig ist einfach, dass irgendwann danach wieder etwas stattfindet, sonst gibt es Jenzer Motorsport Ende 2020 nicht mehr. Aber ich warte mal ab und mache mir noch nicht zu viele Gedanken darüber.»

Neuseeland macht es vor
In der erwarteten Ballung der Renntermine in der zweiten Jahreshälfte sieht der Berner kein Problem.

Andreas Jenzer: «In Neuseeland fuhren sie im Januar und Februar 15 Rennen an fünf aufeinanderfolgenden Wochenenden. Also ginge dies auch bei uns.»

Im Kalender der Formel 1, ebenso wie der Formel 2 und 3, waren drei rennfreie Wochenenden im August eingeplant. Diese werden nun zweifellos von verschobenen Grands Prix belegt. Das Formel-3-Finale wird wohl nicht wie geplant schon am 27. September in Russland, sondern erst in Abu Dhabi oder beim nachgeholten GP von Bahrain über die Bühne gehen.

Onkel Alessandro siegte in der Formel 1, Tante Gianna ist Rocksängerin. Die Italiener werden ein spezielles Auge auf Matteo Nannini werfen.

Lauter neue Fahrer
Jenzers Formel-3-Fahrer für 2020 sind die Italiener Federico Malvestiti (19) und Matteo Nannini (16), ein Neffe des ehemaligen GP-Piloten, sowie der Australier Calan Williams. Alle drei sind Rookies, sodass nicht so viel wie im Vorjahr (ein Sieg und zwei Podiums mit dem Japaner Tsunoda) erwartet werden darf.

In der Formel 4 stehen bisher der Winterthurer Jasin Ferati (16) und der Rumäne Filip Ugran (17) fest. Auch die italienische F4-Meisterschaft wird wohl erst in Juni oder Juli losgehen.

Da in Italien vom Wetter her problemlos bis im November gefahren werden kann, macht sich Andreas Jenzer auch darüber noch keine Sorgen. Zudem können auch Einsätze in der spanischen und der deutschen Meisterschaft dazukommen. Irgendwann geht der Rennsport weiter. Hauptsache noch in diesem Geschäftsjahr.

Jasin Ferati und Andreas Jenzer wenige Tage vor den verschärften Massnahmen in der Schweiz. Sie müssen sich nun wie alle Schweizer gedulden, bis die ausserordentliche Lage endet (Foto: Peter Wyss).

jenzermotorsport.ch/de

 

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