24h Daytona: Schweizer Superduo mit Siegchancen

24H DAYTONA Zwei Wochen nach Dubai steht in Florida bereits das zweite grosse 24-Stunden-Rennen dieses Jahres auf dem Programm. Bei dem zum 50. Mal ausgetragenen Marathon in Daytona starten die Schweizer Stars Sébastien Buemi und Neel Jani erstmals gemeinsam auf einem Sportwagen von Rebellion Racing und haben dabei gute Siegchancen. Was Le Mans für die […]

Ein guter Anfang: Neel Jani im Rebellion-Oreca LMP2 auf der Jagd nach der Poleposition. Der dritte Startplatz beweist, dass Rebellion den Speed hat, um mit den ebenfalls neuen Daytona-Prototypen (DPi) um den Sieg zu kämpfen (Foto: Peter Wyss).

Was Le Mans für die ganze Welt ist, sind die 24 Stunden von Daytona für die USA – das bedeutendste Sportwagen-Rennen auf dem nordamerikanischen Kontinent. Dessen Ursprung reicht ins Jahr 1962 mit dem ersten von vier kürzeren Rennen zurück. Erst 1966 ging es zweimal rund um die Uhr, und da die Auflage von 1972 wegen der Energiekrise nur sechs Stunden dauerte und ihr 1974 ganz zum Opfer fiel, werden die 24 Stunden von Daytona am Wochenende effektiv erst zum 50. Mal ausgetragen. Die Amerikaner hindert dies freilich nicht daran, von der 55. Austragung (mit 55 teilnehmenden Fahrzeugen) zu sprechen.

Startfeld für die 55. Austragung des bedeutendsten Sportwagenrennens der USA, das zum 50. Mal über 24 Stunden führen wird. In der ersten Reihe ein Ferrari F458 GT3, Marcel Fässlers Corvette C7.R, einer der drei Cadillac DPi und ein Ligier LMP2 (Foto: Daytona International Speedway).

Das grosse Rennen auf dem Daytona International Speedway, einer Kombination aus Highspeedoval und Circuit im Infield, zählt zwar nur zur amerikanischen Sportwagen-Meisterschaft, lockt jedoch neben den Einheimischen stets viele Profis aus der ganzen Welt an. Darunter mit Neel Jani, Sébastien Buemi und Marcel Fässler auch sämtliche drei Langstrecken-Weltmeister aus der Schweiz. Wie im Dezember berichtet, lösen sich Jani und Buemi – die erstmals zusammen ein Rennen bestreiten – mit dem Wahlschweizer Nick Heidfeld aus Stäfa auf einem von Rebellion Racing eingesetzten Oreca aus der Topkategorie LMP2 am Steuer ab.

Als vierter Mann kommt Stéphane Sarrazin zum ersten und vielleicht auch zum letzten Mal für Rebellion zum Einsatz. Der Franzose, ansonsten Teamkollege von Buemi bei Toyota, hatte es bei privaten Testfahrten in Sebring (USA) nämlich fertiggebracht, das brandneue Auto bei zwei Unfällen so stark zu beschädigen, dass das unter britischer Flagge laufende Team auf ein Ersatzchassis – das für ein anderes Team in der Weltmeisterschaft vorgesehen war – zurückgreifen musste. Wahrlich kein toller Leistungsausweis für einen Vollprofi…

Sie fahren erstmals zusammen: Die zwei Schweizer Langstrecken-Weltmeister Sébastien Buemi und Neel Jani (Foto: Peter Wyss).

Für Neel Jani bedeutet dies die Rückkehr in jenes Privatteam, mit dem er sich 2012 und 2013 für den Werksvertrag mit Porsche empfohlen hatte. Für ihn wie für das unter Schweizer Flagge laufende und vom Lausanner Alexandre Pesci finanzierte Team aus England ist dies die Premiere in Daytona. Obwohl die LMP2-Autos zusammen mit den amerikanischen DPi-Prototypen den Gesamtsieg unter sich ausmachen, ist das knapp über 600 PS starke Auto für den Seeländer im Vergleich zum fast 1000 PS starken Porsche 919 Hybrid ein Spielzeug. „Alles geht viel langsamer, man hat viel mehr Zeit für alles und muss auch nicht so schlau sein wie am Steuer eines komplexen Hybrid-Prototyps“, vergleicht Jani scherzhaft.

Ebenfalls mit LMP2-Autos von zwei unterschiedlich amerikanischen Teams sind die Genfer Mathias Beche und Nicolas Lapierre im Einsatz. Im Qualifying für das am Samstag um 14.30 Uhr Ortszeit (20.30 Uhr in der Schweiz) beginnende Rennen eroberte Neel Jani mit nur 0,22 Sekunden Rückstand auf zwei der drei Cadillac mit 6,2-Liter-V8-Saugmotoren (aus dem CTS-V) den vielversprechenden dritten Startplatz. Damit vermochte der Bieler als einziger LMP2-Pilot die Phalanx der Daytona Prototypen zu durchbrechen – und dies trotz technischer Probleme und nur einer einzigen Trainingsrunde vor seiner Zeitenjagd.

Erinnerungen an Jo Siffert

Wie in Le Mans (Marcel Fässler 2011, 2012 und 2014) und Le Mans (Neel Jani 2016) haben erst zwei Schweizer Fahrer bei den 24 Stunden von Daytona den Gesamtsieg erringen können. Jo Siffert war 1968 mit einem Werks-Porsche 907 der erste (und damit der erste Schweizer Sieger bei irgendeinem 24-Stunden-Rennen), Fredy Lienhard mit seinem von Doran Lista Racing eingesetzten Dallara-Judd 2002 der zweite.

Im vergangenen Jahr feierte Marcel Fässler mit Corvette Racing den prestigeträchtigen Sieg in der Klasse GTLM, in der auch 2017 nur Werks- oder werksunterstützte Wagen von BMW, Corvette, Ferrari, Ford und Porsche (Debüt des brandneuen 911 RSR mit 4-Liter-Mittelmotor) am Start sind. „Natürlich will man als Titelverteidiger wieder gewinnen. Doch dieses Jahr wird es extrem hart, weil Ford nun gleich mit vier standfester gewordenen Wagen antritt und auch vom neuen Porsche viel zu erwarten ist.“ Die Zeitenliste nach dem Qualifying gibt Fässler Recht: Ford belegt mit drei der vier Wagen die ersten drei Startplätze, Corvette nur die Ränge 7 und 9. Fässler macht sich deswegen jedoch keine Sorgen: „Wichtig ist nur, dass wir bis in die letzten Stunden dranbleiben und dann um den Sieg kämpfen können.“

Fotofinish beim Rennen 2016: Oliver Gavins Corvette kreuzt mit einer halben Wagenlänge Vorsprung auf das Auto der Teamkollegen die Ziellinie und beschert so auch Marcel Fässler den GT-Sieg (Foto: Richard Prince/Chevrolet).

Ein harter Kampf ist auch in der 27 Wagen starken GT3-Klasse zu erwarten. Wie in Dubai wird Rolf Ineichen sie sein Dauerpartner und Coach Christian Engelhart auf beiden Lamborghini Huracan GT3 von Grasser Racing starten. Diesmal allerdings mit der Hoffnung, nicht auch mit beiden vorzeitig auszuscheiden. „Bei diesem enormen Aufwand tut ein Doppelausfall natürlich dem ganzen Team weh. Aber das gehört zum Rennsport, daher schauten wir danach nur noch nach vorne“, motiviert sich der Luzerner für seinen zweiten Doppeleinsatz. Laut Reglement müssen Ineichen und Engelhart je fünf Stunden in jedem Auto fahren, um gewertet zu werden – eine echte physische und mentale Herausforderung für einen der schnellsten Gentleman Racer in diesem Sport. Einer seiner Teamkollegen ist der Italo-Schweizer Roberto Pampanini, der wie Ineichen (Ottos) ebenfalls als CEO ein grosses Schweizer Unternehmen (Nordstern) führt.

Doppelt genäht hält besser: Rolf Ineichen wird in beiden grünen Lamborghini Huracan GT3 zum Einsatz kommen. In Dubai hat ihm dies allerdings nichts gebracht, nun hofft der Luzerner in Daytona auf mehr Glück (Foto: Grasser Racing).

Sein Renndebüt in den USA und in einem GT3-Auto gibt Jeffrey Schmidt. Der junge Baselbieter darf im letztjährigen ADAC-GT-Meisterteam Land Motorsport auf einem Audi R8 LMS mitfahren und hat wie Ineichen dank starker Teamkollegen beste Aussichten auf ein Klassenpodest. Ineichen wird von den Plätzen 5 und 11 starten, Schmidt dazwischen als Sechster. Wegen ihres Wohnorts und ihrer Lizenz treten noch die Briten Steve Smith (Porsche) und Peter Mann (Ferrari) sowie der Wahlzürcher Pierre Kaffer (Audi) als Schweizer auf. Drücken wir also auch ihnen die Daumen, dass sie Ehre für ihre Wahlheimat einlegen…

www.daytonainternationalspeedway.com

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