Polestar-CEO Michael Lohscheller: «Hybride werden wir nie machen»

Auf einer Stippvisite in Zürich gibt Polestar-CEO Michael Lohscheller (57) Autosprint ein Interview. Der Deutsche war zuvor etwa bei Mitsubishi, Nikola oder VW und vor allem Opel-Boss. Seit Herbst 2024 führt er die frühere Volvo-Sporttochter und Elektromarke Polestar.

Michael Lohscheller. Fotos: Polestar

Herr Lohscheller, was führt Sie als Polestar-CEO zur Stippvisite bei Polestar Schweiz?
Michael Lohscheller:
Ich bin hier, weil die Schweiz wichtig für uns ist. Unsere Produkte passen sehr gut auf diesen Premiummarkt mit hohem Allradanteil: Wir sind im Vergleich zum letzten Jahr um fast 100 Prozent gewachsen! Und es macht Laune, das Team einmal persönlich kennenzulernen.

Oft hört man, die Schweiz sei ein Premium-Testmarkt: Klappe es hier, klappe es überall.
Testmarkt würde ich jetzt nicht sagen. Aber es ist ein etablierter Premiummarkt. Und richtig ist: Sehen wir, dass es hier funktioniert, dann wissen wir, dass es auch woanders funktioniert. Was anders ist als anderswo: Die Nähe zum Händler ist noch wichtiger. Die Schweiz hat weniger Kunden pro Händler als andere Märkte. Das passt perfekt, denn wir wollen das Händlernetz ausbauen.

Anfangs setzte Polestar auf Online-Kauf. Wieso rudern Sie zum Händlermodell zurück?
Autokauf ist ein Vertrauensgeschäft. Sie wollen Angebote einholen und wissen, wer den Service macht. Es gibt durchaus Leute, die wollen alles online machen. Das haben wir aufgebaut, aber nicht mit durchschlagendem Erfolg. Also habe ich das geändert. Wir brauchen mehr Standorte – nicht tausende, aber eine gute Zahl. Ich glaube, das ist sogar noch entscheidender als neue Modelle.

Polestar 5

Verraten Sie uns Ihre Ziele beim Händlernetz – und welche sind eigentlich Ihre Topmärkte?
Wir haben jetzt weltweit 179 Händler und wollen 300. In der Schweiz haben wir von vier auf sechs erhöht, bis Ende 2025 sind es neun – alles Volvo-Händler. 16 wäre danach eine Grössenordnung, die uns zusagt. Grossbritannien ist der grösste Markt, gefolgt von Schweden und Deutschland.

Die einstige Volvo-Sportmarke Polestar gehört wie Volvo, Zeekr oder Lotus zu Geely aus China. Sie planen zwar die Produktion des Polestar 7 in der Slowakei, aber überwiegend produziert Polestar in China. Ist Polestar jetzt chinesisch oder noch schwedisch?
Wir sind absolut eine schwedische Marke! Wir arbeiten und leben in Schweden, unser Design kommt von dort, die Entwicklungskompetenz ist dort, die Polestar-DNA entsteht dort. Unsere Kundinnen und Kunden nehmen uns als schwedisch wahr. Kaum jemand sagt: Aber ihr habt doch einen chinesischen Shareholder. Wir stehen für schwedisches Design und Performance.

Apropos Performance: Mit dem 5 haben Sie ein neues Topmodell. Hatte sowas gefehlt?
Es hatte gefehlt und ist «unsere Marke auf Rädern», wie ich es nenne. Alles, wofür Polestar steht, steckt in diesem Auto. Anstatt zu beschreiben, können wir sagen: Der Polestar 5 ist unsere Marke.

Der 5 ist kein SUV, der 2 ebenfalls eine Limousine. Schwimmen Sie gegen den SUV-Trend?
Das ist beides wichtig und richtig. Wir wollen uns als Premiummarke positionieren, da passt der Polestar 5 perfekt. Aber es gibt den SUV-Trend, deshalb haben wir den kompakten SUV Polestar 7, aber auch Polestar 3 und 4 sind im Grunde SUV. Aber für den Polestar 2 wird es auch einen Nachfolger geben – weil es eben mehr gibt als SUV. Das passt wiederum perfekt zum Thema Performance.

Was passiert mit der Modell-Nomenklatur, wenn der Polestar 2 den Nachfolger bekommt? Denn die Nummern sind ja nicht nach der Grösse sortiert, sondern chronologisch.
Wir machen das wie Apple: Das nächste Produkt bekommt die nächste Zahl, und deshalb wird zum Beispiel der Polestar 7 kleiner als ein Polestar 3. Das nächste nach dem Polestar 7 ist aber kein Polestar 8, sondern der Nachfolger des Polestar 2. Der heisst dann erneut Polestar 2.

Polestar 5

Anders als andere Hersteller sind Sie gegen ein Aufweichen des EU-Ziels, ab 2035 keine Verbrenner mehr anzubieten, und anders als andere setzen Sie weiter nur auf Elektro statt zum Beispiel Hybride. Ist es denn nicht gefährlich, gegen den Trend zu schwimmen?
Nein, im Gegenteil. Die Leute lieben es, und wir haben dadurch fast ein Alleinstellungsmerkmal. Ich merke das, wo immer ich hinkomme. Auch Flottenkunden sagen: Richtig, haltet daran fest. Uns macht es das Leben sogar ein bisschen einfacher: Wir müssen gar nicht über Hybride nachdenken, Hybride machen wir nicht und werden wir nie machen. Das ist ein Statement.

Ihre Karriere hatte viele Stationen. Welche war besonders spannend?
Jede Aufgabe ist spannend. Opel nach 20 Jahren Verlusten in die Gewinnzone zu führen, war faszinierend – das hatte vorher niemand geschafft. Auch der kulturelle Wandel war interessant, von der amerikanischen zur französischen Eigentümerstruktur. Das mag ich auch bei Polestar, dass vieles zusammenkommt: Das Skandinavische, Behutsame, Klare und Wohldurchdachte in Verbindung mit chinesischer Technologie, die eine ganz andere Geschwindigkeit hat. Ich führe eine Marke, die es so sonst nirgends gibt, das ist anspruchsvoll, eine Riesenchance und macht mir viel Freude. In Schweden interessant ist, dass es dort üblich ist, Chefs zu widersprechen. Sagt in den USA der Boss, alle sollen aus dem Fenster springen, wird es gemacht. In Schweden kommt: Wir sehen das anders. Das hat die Nation unternehmerisch sehr erfolgreich gemacht.

(Visited 205 times, 1 visits today)

Weitere Artikel zum Thema