Das Sportwagen-Mekka der Südschweiz
Der Tessiner Ferrari-, Maserati- und Pagani-Händler Kessel ist daran, den Hauptsitz in Lugano zu erweitern und den Bau des neuen Stützpunktes in Sihlbrugg voranzutreiben. Autosprint hatte die Gelegenheit, zusammen mit dem Besitzer Ronnie Kessel einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.

Bei der Autobahnausfahrt Lugano Süd, wo bis vor kurzem im Showroom Kessel Lugano die neusten Ferrari- und Maserati-Modelle präsentiert wurden, herrscht derzeit reger Baustellenbetrieb. Im kommenden Frühjahr sollen die italienischen Sportwagen an derselben Stelle an der Via Pian Scairolo in Pambio Noranco in neuem Ambiente Kundschaft anlocken. Bereits Ende Jahr rechnet Firmenbesitzer Ronnie Kessel auch mit der Fertigstellung des erweiterten Mehrmarkenzentrums in der nahegelegenen Vorortsgemeinde Grancia.
Ronnie Kessel, erst 38-jährig, hat schon im Jahr 2010 die Führung des Unternehmens übernommen, nachdem sein Vater – Formel-1-Pilot Loris Kessel – erst 60-jährig an Leukämie verstorben war. In dieser Zeit hat der dynamische Jungunternehmer ein bemerkenswert grosses und vielseitiges Sport- und Rennwagengeschäft aufgebaut.

Lunch-Gespräch
Zum Gespräch beim Mittagessen kreuzt Ronnie im Smart Fortwo auf. «Das ist mein Lieblingsfahrzeug für den Alltag. Mit ihm finde ich überall einen Parkplatz», erklärt er. «Das Ferrari-Fahren spare ich mir lieber für das Wochenende oder für spezielle Touren auf.» Sein bevorzugtes Modell ist dann der F40, «ein revolutionäres Auto mit herausragender Technik und einem Design, das bis heute einzigartig ist. Ausserdem hat der F40 das gleiche Geburtsjahr wie ich.»

Sein 200-Mitarbeiter-Unternehmen fasst Kessel mit dem Akronym CARS zusammen: Classic, Auto, Racing, Service. Neben dem Handel und der technischen Betreuung der Fahrzeuge – Oldtimer, Youngtimer und moderne Modelle – ist Kessel auch weltweit auf Rennpisten vertreten. Zwar ist Ferrari seine Hauptmarke, doch gehören auch weitere Hersteller aus der Emilia Romagna, Maserati und Pagani, zu seinem Angebot.

Geht auch elektrisch?
Die Frage, ob es denn bei der Ferrari-Kundschaft wirklich eine Nachfrage nach vollelektrischen Modellen wie dem angekündigten Elettrica geben werde, antwortet Ronnie ohne zu zögern: «Mit Sicherheit in China, in einigen nord- und südamerikanischen Staaten sowie in den skandinavischen Ländern.» Neue Zeiten also demnächst auch bei den traditionell auf V6-, V8- und V12-Hochdrehzahl-Benzinmotoren mit betörendem Sound spezialisierten Maranello-Modellen. «Im Übrigen halte ich Hybridlösungen für die derzeit beste Antriebswahl», legt sich Ronnie fest: «Damit fährst du in Ortschaften lokal emissionsfrei und fast geräuschlos, und für Überlandfahrten und die Autobahn bleiben die gewohnten und geschätzten Eigenschaften unserer Autos erhalten.»

Neue Epoche
Neue Zeiten manifestieren sich auch bei der Karosserieform. Wirkte noch in der Ära Luca di Montezemolo, der das Unternehmen in Maranello von 1991 bis 2014 als Verwaltungsratsvorsitzender leitete, nur schon die Bezeichnung SUV wie ein rotes Tuch, sieht man dies bei Ferrari heute etwas entspannter. So ist der Purosangue, wie schon im Vorfeld von FF und GTC4 Lusso angedeutet, etwas näher beim Sports Utility Vehicle – schon aufgrund der viertürigen, kombiartigen Karosserie und des Allradantriebs. Weil bei diesem Modell heute die Nachfrage das Angebot deutlich übertrifft und die Preise steigen lässt, war dieser modellstrategische Abstecher – für viele Ferrari-Aficionados ein Sakrileg –zumindest aus wirtschaftlicher Sicht keine Fehlentscheidung.

Für die Weiterentwicklung der Marke Maserati, die seit Jahrzehnten mit wenig Erfolg immer wieder unter neuer Flagge segelt, sieht Kessel eine durchaus einleuchtende Lösung. Die Modelle aus Modena könnten in Ferrari-Besitz eine geeignete Ausweitung des Modellportfolios in Richtung Familienfreundlichkeit darstellen.
Um die Marktabdeckung seiner Marken in der Schweiz zu verfestigen, baut Kessel derzeit einen neuen Stützpunkt in der «Auto-Stadt» Sihlbrugg auf. Der Deutschschweizer Ableger soll im März 2026 eröffnet werden und dann die Niederlassung Zug ersetzen.




