Licht und Schatten aus Italien

Zwei Neuheiten, markenverschwägert und doch ganz anders: Wir testen Alfa Romeo Junior Veloce und Fiat Grande Panda Hybrid. Einer ernüchtert und einer begeistert.

Fotos: Autosprint

Ach, Italien: Ein Land, aus dem automobile Geistesblitze und ab und zu auch Blindgänger auf Rädern kommen. Ein Land, das Autos liebt, aber sie manchmal versiebt. Wie es wohl diesmal wird? Autosprint nimmt im Doppeltest zwei der interessantesten Neuheiten von Alfa Romeo und Fiat, einst Tochter und Mutter, jetzt beide beim Stellantis-Konzern, unter die Lupe: die elektrische Topversion Veloce des neuen kleinen Alfa Junior und den neuen Panda (der des weiterhin angebotenen alten Panda Classic wegen jetzt offiziell Grande Panda heisst) als Mildhybrid.

Fangen wir ausnahmsweise mit Zahlen an, um die Standesunterschiede zu verdeutlichen. Den 4,17 Meter langen Edelkompakten Alfa Romeo Junior gibt es als Hybrid (107kW/145PS) oder Elektriker (115kW/156PS, Veloce 207 kW/280PS) ab 31 490 respektive 37 990 Franken. Der elektrische Veloce-Testwagen kostet mit Optionen 54490 Franken. Den 4,00 Meter kurzen Kleinwagen Fiat Grande Panda gibt es als Hybrid (81 kW/110PS) und Stromer (83kW/113PS) ab 18 990 bzw. 24990 Franken. Unser Hybrid-Testauto kostet mit Optionen 24690 Franken. Macht der über doppelt so teure Alfa auch doppelt so viel Spass und Sinn?

Solches Design kann nur Italien
Design ist eine Domäne unserer südlichen Nachbarn: Es gibt Autos, die einfach nur Italiener zeichnen können. Auch hier rollen zwei Charakterköpfe. Aber: Styling ist Geschmackssache. Wir zitieren Kommentare von Bekannten. Der typische Kommentar zum Junior: «Vorne sieht er cool aus – aber sind hinten die Ideen ausgegangen?» Beim Panda gibt es zwei Arten von Antworten: von «Genial.» bis «Grauenhaft!». Treffend finden wir: «Panda darf so verrückt sein.» Unsere Meinung: Alfa sehr hübsch, keine Überraschung. Panda? Ein stilistischer Geistesblitz. Cool!

Expertenmeinung Alfa Romeo Junior Elletrica Veloce
Vorteile

+ sportlich-cooler Style
+ enorm kurvenfreudig
+kraftvoller E-Antrieb
Nachteile
– arg herbe Federung
– zu viel Billigplastik

Im Alfa fädeln wir uns in enge Veloce-Sitzschalen ein und sprechen ein Stossgebet, dass sich unser Hüftgold in Grenzen hält – und staunen: Nett hier mit dem ganzen Alcantara, aber offenbar sind über 50000 Franken trotzdem zu wenig, um etwas Schöneres als den Standard-Automat-Bedienknopf aus dem Stellantis-Regal zu bekommen oder Billigstplastik etwa bei den Türen oder Lüftungsgittern. Ganz anders der günstige Panda: Klar gibt es Hartplastik – aber alles so charmant gestylt, dass es nie stört. Dazu unzählige praktische Details. Das Ablagefach aus Bambus? Verdient genau wie die 3D-Rücklichter einen Gestaltungspreis! Quadratisch, praktisch, gut: So macht ein Stadtzwerg Laune.

Wie steht es um Platz? Im Alfa müssen wir erst mal den Türgriff im Fensterdreieck finden, um uns dann an den harten Plastikteilen blaue Flecken ins Knie zu hauen. Kann ein Fond auf 4,17 Metern Länge knapper und düsterer sein? Im Panda gibt es nicht viel, aber genug Platz und Licht und Luft. Nur eine Laderaumleuchte hätte bitte noch drin liegen dürfen.

Alfa dynamisch, doch zu hart
Die Stunde des Alfa schlägt beim Fahren: Die 280 Strom-PS gehen ab wie wild, sind in jeder Lage spontan – hui, der fetzt. Sogar der (ausschaltbare) virtuelle Sportsound sitzt. Rechts, links, rechts, zack und weg: Kurven sind des Alfas Sache, dies dank Sperrdifferenzial trotz Frontantrieb. Eine echter Landstrassenjäger. Nur: Der Veloce ist so hart, dass wir zuerst an eine Sinnestäuschung glauben. Mit diesem Brettfahrwerk zur Arbeit pendeln? Lieber nicht, wir brauchen unsere Bandscheiben noch. Und wo ist die Reichweite? Einmal sind es bei 40 Prozent Restkapazität nur noch 99 Kilometer, womit das Wo-lade-ich-Kopfkino startet. Im Schnitt schaffen wir um die 280 (WLTP-Normwert 322) Kilometer – dies wohlgemerkt noch bei Wärme. Wie wenig da wohl im Winter übrigbliebe? Sorry, Alfa, das ist in dieser Preisliga ernüchternd.

Fiat normal, doch vergnüglich
Und der kleine Würfel namens Panda? Macht stets gute Laune. Eine Sänfte ist er nicht, aber absolut alltagskomfortabel – wie Kleinwagen halt so sind. Er beherrscht das Wuseln durch die City und zeichnet auch über Land ein Lächeln ins Gesicht. Ausser, wenn der Benziner und der E-Motor sich verhaspeln: Selten mal arbeiten sie gefühlt gegen- statt miteinander. Aber: Meistens sind die 110 Mildhybrid-PS gut gelaunt, treten viel flotter an als gedacht und laufen harmonisch. Offiziell gibt Fiat 5,5 l/100 km an, im Test sind es 5,8 l/100 km – fair.

Das Autosprint-Fazit
Sorry, Alfa, aber so fahraktiv und unterhaltsam der Junior als Veloce ist – Härte, Hartplastik und die für den Preis geringe Reichweite enttäuschen. Der Grande Panda dagegen ist ein grosser Wurf: Fiat hat den «kleinen Freund» (einstiger Werbeslogan) neu erfunden und ein feines Gute-Laune-Mobil zum Budgettarif hingestellt, das im Alltag quasi alles richtig macht.

Expertenmeinung Fiat Grande Panda Hybrid
Vorteile
+ hübsche, praktische Details
+ stimmige Qualitätsanmutung
+ sparsam-flotter Mildhybrid
Nachteile
– Design sehr polarisierend
– Lenkrad-Verstellbereich klein

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