Neel Jani: «Ich muss den Fahrstil ändern»

INTERVIEW In Santiago de Chile steht das zweite Rennwochenende der FIA Formel-E-Meisterschaft 2019/20 auf dem Programm. Porsche-Werksfahrer Neel Jani erklärt die Schwierigkeiten für einen Rookie. Zwei Monate nach den zwei Auftaktrennen zur jahresübergreifenden Meisterschaft trägt die Formel E am Samstag, 18. Januar, in Chiles Hauptstadt Santiago ihren dritten Lauf aus. Der Start erfolgt um 20 […]

Neel Jani hatte seit dem Renndebüt im November viel Zeit, darüber nachzudenken, was er bei seiner Herangehensweise ändern muss.

Zwei Monate nach den zwei Auftaktrennen zur jahresübergreifenden Meisterschaft trägt die Formel E am Samstag, 18. Januar, in Chiles Hauptstadt Santiago ihren dritten Lauf aus. Der Start erfolgt um 20 Uhr Schweizer Zeit (TV live auf ARD, Eurosport1 und MySportsCH).

Während sein Teamkollege André Lotterer mit dem neuen Porsche 99X electric in Saudi-Arabien auf Anhieb als Zweiter aufs Podium fuhr, musste Neel Jani bei seinem Debüt in der FIA Formel E viel Lehrgeld bezahlen.

Neel Jani: «Ich dachte, ich sei gut vorbereitet. Aber was wir nicht üben konnten, waren Formel-e-spezifische Bedingungen vor Ort. Solche rutschigen Streckenverhältnisse erlebte ich noch nie. Am Limit gerät man rasch neben die Spur. Ich habe gemerkt, dass ich anders fahren muss. Das war das Schwierigste.»

Nicht mehr klassischer Motorsport
Was hat der 36-jährige Bieler daraus gelernt?

Neel Jani: «Man muss je nach Griplevel verschiedene Fahrstile anwenden. Ich wandte nur immer einen an, was stets funktionierte. Das ist nicht mehr klassischer Motorsport.»

Wo liegen ansonsten die fahrerischen Schwierigkeiten?

Neel Jani: «Die Autos überbremsen brutal. Je mehr Batterie sich entlädt, desto mehr Energie muss man zurückgewinnen. So brauchst du weniger Hinterradbremse und musst sie je nach Ladung verstellen. Wenn dies zu spät erfolgt, dann blockiert es vorne oder hinten. Teilweise sogar nur ein Rad, was den Reifen belastet.»

Mauern lauern
Und wie ist es mit dem Kurvenfahren?

Neel Jani: «Das muss man lernen. Bisher ging es darum, den Speed mitzunehmen. Wenn man dies in Formel E macht, landet man gleich in der Mauer. Auch dies erfordert einen komplett anderen Fahrstil als mit Autos mit Grip.»

Stadtkurse kennt Neel Jani aus seiner Zeit in der IndyCar-Serie. In der Formel E stellen die Mauern wegen der rutschigen Piste abseits der Ideallinie eine grössere Gefahr dar.

Ist es demnach mit mehr Lenkarbeit verbunden als bisher mit einem LMP1-Prototyp?

Neel Jani: «Es ist sicher auch mit Kopfarbeit verbunden. Weil das Elektroauto wenig Grip hat und die Rennstrecken noch weniger, musst du das Limit suchen. Das hast an einem einzigen Tag nur wenig Zeit dafür. Daher ist die Formel E eine Serie, in der sich Rookies am Anfang schwertun.»

Bitte nicht schneller!
Nach so vielen erfolgreichen Jahren also wirklich eine neue Herausforderung…

Neel Jani: «Die Formel E ist Challenge wie schon lange nicht mehr. Aber klar ist: Wir haben alle gerne ein Auto, wo der Körper das Limit ist. So wurden wir gross. In der Formel E ist es das Gegenteil. Für Stadtkurse und solche Streckenverhältnisse fühlen sich diese Rennwagen brutal schnell an – schneller will es niemand haben.»

Macht dies denn überhaupt noch Spass?

Neel Jani (überlegt): «Beim Testen hatte ich sehr viel Spass. In Saudi-Arabien standen andere Dinge im Vordergrund. Ich kam nie in einen Rhythmus, bei dem es Spass machte. Aber ich habe keine Sorge, dass das nicht kommen wird.»

Erste Zielsetzungen
Als Langstrecken-Weltmeister und Le-Mans-Sieger plötzlich so weit hinten starten zu müssen, war sicher auch speziell…

Neel Jani: «Die meisten Rookies haben extrem Mühe. Meine Erfahrung von 2017 mit dem einen Rennwochenende mit Dragon haben mir überhaupt nichts mehr gebracht, heute ist alles anders. Vom Testen wusste ich ja, wo ich im Vergleich zu André stehe. Aber Rennen sind eine andere Geschichte. Wir arbeiten sehr gut zusammen. Ich freute mich daher auch sehr über sein Podium. Das zeigt, dass wir in die richtige Richtung entwickeln. Als André begann, fuhr er zunächst auch hinterher.»

Wieviel Zeit gibst Du dir?

Neel Jani: «Das Ziel muss es sein, möglichst bald ins Super-Pole-Qualifying zu kommen. Daher werde ich schon in Chile psychologisch anders an die Sache herangehen. Das Problem ist nur: Ich muss zuerst jede Strecke neu lernen. Das erste Mal seit den Anfängen meiner Karriere kenne ich nicht eine einzige Strecke im Kalender. An einem Tag findest du das nicht heraus. Daher ist die Simulatorarbeit so wichtig. Aber sie ersetzt die On-Track-Erfahrung nicht.»

Das Fahren mit einem Formel-E-Rennwagen stelklt an jeden Rookie ganz neue Herausforderung. Mit dem Porsche 99X electric will Neel Jani trotzdem bald eine Rolle bei der Vergabe der Podestplätze spielen.

neel-jani.com

porsche.com

 

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