FIA Masters: Meisels goldene Rückkehr 🎥

SO SCHÖN KÖNNEN BERGRENNEN SEIN Auch beim vierten FIA Hill Climb Masters in Portugal kam das Schweizer Team zu einer Medaille, diesmal mit Reto Meisel. Den grandiosen Dreikampf um den Tagessieg entschied Christian Merli für sich. Eindrucksvolle Szenen von der Rampa da Falperra, wo sich das FIA Hill Climb Masters am Stadtrand von Braga abspielte. […]

Eindrucksvolle Szenen von der Rampa da Falperra, wo sich das FIA Hill Climb Masters am Stadtrand von Braga abspielte. Reto Meisel und Tagessieger Christian Merli kommen gleich am Anfang vor, später auch Thomas Amweg mit einem kleinen Quersteher (Rosmanao Videos).

Wer es nicht miterlebt hat, kann sich die Stimmung fast nicht vorstellen. Laut Schätzungen der Organisatoren kamen rund 80’000 Zuschauer ans Training, am Renntag sollen es gegen 100’000 gewesen sein.

Normalerweise zahlen die Portugiesen bei einem Bergrennen keinen Eintritt. Doch für die drei verlangten Euro plus ein paar mehr für Tribünenplätze kamen sie beim FIA Hill Climb Masters 2021 in Braga voll auf ihre Rechnung.

Die Portugiesen lieben Motorsport und Bergrennen. Hier feiern einige Fans Frankreichs Champion Geoffrey Schatz bei der Talfahrt (Fotos: Peter Wyss).

Dreikampf der Champions
Vor dieser beeindruckenden Kulisse lieferten sich die Italiener Simone Faggioli und Christian Merli mit dem französischen Champion Geoffrey Schatz bei schönstem Spätsommerwetter einen sensationellen Fight um Sekundenbruchteile. Dabei hatte Rekord-Europameister Faggioli für einmal nie die Nase vorn.

Auf der 2970 Meter kurzen Version der Rampa da Falperra, wo ansonsten noch gute 2,2 Kilometer länger um Punkte zur Berg-EM gefahren wird, lagen Schatz, Merli und Faggioli nach dem ersten Rennlauf nur um vier Zehntel getrennt.

Im zweiten Sprint packte der Südtiroler den Hammer aus und trieb den Osella FA30 Zytek in 1’02,033 den Berg hoch, was einem Schnitt von 172,4 km/h entspricht. Dies bedeutete den Tagessieg, für den nicht wie in der Berg-EM üblich die Additionen der zwei besten Zeiten galten, sondern der schnellste Lauf in drei Versuchen.

Christian Merli eroberte wie 2018 in seiner Heimat den Tagessieg.

Faggioli für einmal nur Dritter
Im zweiten Sprint an Faggioli vorbei auf Rang 2 vorgerückt, montierte Schatz im Gegensatz zu seinen Gegnern erst im dritten Durchgang neue Reifen. Die Mehrleistung seines Oreca-Turbomotors im Nova Proto-Sportwagen vermochte der Franzose aber nicht so auszuspielen, dass er Merlis Sieg noch verhindern konnte. Dessen Vorsprung betrug am Ende 359 Tausendstel, Faggolis Rückstand auf seinen Landsmann etwas mehr als sechs Zehntel.

Simone Faggioli: «Ich hatte im letzten Lauf einen kleinen Fehler drin. Ich denke aber nicht, dass ich Merli abgefangen hätte, wohl aber Schatz.»

Christian Merli eroberte so wie vor drei Jahren in Gubbio Gold und Faggioli Silber bei den FIA-Rennsportwagen der Kategorie 2, während Schatz die Kategorie Open für unlimitierte bzw. nicht FIA-homologierte Fahrzeuge für sich entschied. Sein älterer Bruder Nicolas hatte 2014 mit einem Norma-BMW V8 beim ersten FIA Hill Climb Masters in Eschdorf den Gesamtsieg errungen.

Starke Briten
Dahinter belegten die Briten Alex Summers und Wallace Menzies mit ihren über 600 PS starken und superleichten Bergsprint-Monoposti die Gesamtränge 4 und 5. Vor allem Summers überzeugte mit viel Mut und Speed im Leitplankenkanal. Silber in der Kat. Open als bester Landesvertreter entschädigt ihn für den im Duell mit Menzies entgangenen BHC-Titel.

Ronnie Bratschis Jagd nach einer Medaille endete an der Leitplanke. Zum Glück hielt sich der Schaden in Grenzen.

Unfall von Bratschi
Zu feiern hatte auch das kleine Team Schweiz, obwohl die Ausbeute nicht ganz den Vorstellungen entsprach. Nach den drei Trainingsläufen lagen Ronnie Bratschi und Reto Meisel in ihren Kategorien vorne. Für Bratschi endete der Kampf mit der vierköpfigen Armada polnischer Mitsubishi-Piloten im zweiten Lauf an der Leitplanke.

Ronnie Bratschi: «Ich fuhr die betreffende Passage einen Gang höher an als im Training und brachte beim Zurückschalten den vierten Gang nicht rein. Ohne Zug aus der schnellen Linkskurve heraus konnte ich den Einschlag nicht mehr verhindern.»

Die Zeit aus dem ersten Lauf reichte wenigstens noch zum dritten Rang in der Gruppe 1.

Meisels vergoldete Rückkehr
Meisels Mercedes SLK 340 Judd war zwar in derselben Kategorie und Gruppe genannt, doch weil er nicht in allen Punkten dem neuen FIA-Reglement für Tourenwagen und GT entsprach, teilten ihn die Stewards vor Ort in die Kategorie Open um.

Dort hatte der Aargauer ungewollt leichtes Spiel mit den direkten Gegnern um die Medaillenvergabe, liess es aber logischerweise nicht dabei bewenden. Im ersten und zweiten Lauf war Meisel der Schnellste aller Tourenwagenpiloten, erst im letzten Sprint fing ihn der in der Kategorie 1 siegreiche Pole um zwei Tausendstel ab.

Reto Meisel: «Ich legte es gar nicht mehr darauf an und wollte einfach das Auto heil ins Ziel bringen. Trotzdem war ich nochmals schneller. Für mich war es nach zweieinhalb Jahren das erste echte Rennen mit dem SLK, bei dem ich den Wagen spüre, denn vor zwei Wochen in St. Agatha fuhr ich noch nicht wirklich schnell damit.»

Reto Meisel feuerte den Mercedes auf der ihm vom EM-Lauf 2019 her bekannten Rampa da Falperra (Sieg in Rekordzeit) zu Platz 1 bei den Open-Tourenwagen.

Dritte Goldmedaille in vier Auflagen
Nach Eric Berguerand 2014 in Luxemburg und Roger Schnellmann 2018 in Italien ist Meisel der dritte Schweizer Goldmedaillengewinner.

Keine zusätzliche Medaille gab es im Nations Cup, wofür die geringste Differenz in zwei Läufen von drei der vier nominierten Fahrer eines Länderteams zählen. Hier schwang Frankreich vor der Slowakei und Belgien obenauf, während sich das Team Schweiz (Silber 2014 und 2016) mit Rang 6 begnügen musste.

Michel Zemp regelmässig schnell, aber unterlegen
Dabei hatte die Schweiz einen der regelmässigsten Fahrer überhaupt, betrug die Abweichung von Michel Zemp doch nur fünf Hundertstel, so wenig wie bei keinem aller nominierten Fahrer in den 15 Nationenteams.

Gewinnen, ausser an zusätzlicher Erfahrung, konnte Zemp mit dem Norma-Honda im zusammengefassten Feld aller E2-Sportwagen mit überwiegend PS-stärkeren Motoren ansonsten nichts, sodass sein 28. Gesamtrang aller Ehren wert ist.

Michel Zemp genoss seine zweite Teilnahme vor grosser Kulisse nach Gubbio 2018 im Cupra TCR. Mit dem Norma-Honda war er bei den Sportwagen unterlegen.

Vorsichtiger Thomas Amweg
Thomas Amweg genoss zwar wie alle 153 Fahrer aus 18 Nationen die unvergleichliche Ambiance in Portugal. Mit dem Lola F3000 blieb er aber weit von seiner Bestform zurück.

Einerseits fehlte ihm ein Trainingslauf, andererseits wollte er den geliehenen Rennwagen fünf Monate nach dem Unfall mit dem Martini F2 in Arosa einfach heil ins Ziel bringen. Gesamtrang 31, unmittelbar vor den schnellsten zwei Tourenwagenpiloten, verdeutlich dies.

ASS mit gutem Beispiel voran
Einen Absatz widmen wir noch den deutschen Fahrern. Alexander Hin, Georg Lang und Erwin Buck traten als tapfere Einzelkämpfer an. Die deutsche Sporthoheit – anders als Auto Sport Schweiz, das sogar grosszügige Unterstützung bot – zeigte null Interesse am grössten Bergrennen des Jahres.

Als Gesamt-Zwölfer war Hin im Osella-Zytek der schnellste Deutschsprachige in Portugal. Buck erhielt für seine mutige Fahrweise im VW Scirocco offenen Szenenapplaus. Zur Belohnung gab es einen Pokal für Rang 3 in der Gruppe 3 der Kategorie FIA-Tourenwagen

Österreich war gar nicht vertreten. Dabei zierte der VW Golf Turbo von Karl Schagerl das Plakat…

Der Teamgeist der Schweizer und deren Ausbeute in bisher allen FIA Hill Climbs Masters ist also alles andere als selbstverständlich.

Reto Meisel ist der dritte Goldmedaillengewinner für das Schweizer Team. Lieber wäre er aber direkt gegen Bratschi und die Polen angetreten.

Alle Resultate gibt es unter diesem Link

hcmasters2021.com

 

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