Thomas Hurter: «Mobilität ist wichtig für unser Land»
NACHGEFRAGT Wie der neue Mann an der Spitze des Auto Gewerbe Verband Schweiz, der rund 4000 Garagenbetriebe mit 39 000 Mitarbeitenden vertritt, die Zukunft seiner Branche sieht, erklärt Thomas Hurter im Interview.
Neben weiteren Funktionen sind Sie Zentralpräsident des ACS und des AGVS, Berufspilot, Nationalrat und last but not least Familienvater. Viele Schweizerinnen und Schweizer fragen sich, wie schafft der Mann das?
Ich schaffe das, und erst noch mit gutem Gewissen, denn ich kann auf perfekt funktionierende Organisationen zurückgreifen. Das erleichtert mir die Arbeit, und die Familie kommt dabei auch nicht zu kurz.
Die Erwartungen der Garagisten im AGVS an Sie sind hoch. Nach gut drei Monaten als Zentralpräsident des AGVS im Amt, gibt es für Sie einen Zeitplan, was in diesem Jahr unbedingt erledigt werden muss?
Individuelle Mobilität ist und bleibt ein Bedürfnis der Bevölkerung. Der wachsende Bestand an Fahrzeugen und die aktuelle Pandemie zeigen das deutlich. Die bekannten Mobilitätstrends wie Vernetzung, autonomes Fahren, Car-Sharing und Elektrifizierung von Fahrzeugen stellen den Garagisten bereits heute vor Herausforderungen. Hinzu kommt der Trend zu alternativen Vertriebssystemen, wie etwa das Agenturmodell, welchem sich der Garagist in Zukunft stellen muss.
Ich kann nicht sagen, dieses und jenes muss bis zu einem bestimmten Datum vom Tisch sein. Am Tag der Garagisten, der am Dienstag, 18. Januar stattfindet, geht es beispielsweise um die Zukunft der Branche und deren Ziele. Mobilität ist wichtig für unser Land, in Bern werden die Weichen gestellt. Und der AGVS wird seine Mitglieder auch in Zukunft unterstützen und sich für optimale Rahmenbedingungen einsetzen.
AGVS und ACS sind ja seit vielen Jahren Partner der Schweizer Automobilisten. Können Sie sich vorstellen, die Energien der Verbände zu bündeln, um noch stärker und mit mehr Nachdruck auftreten zu können?
Das ist bereits in verschiedenen Themen geschehen und wird sicher auch in Zukunft angestrebt, wenn beide Seiten betroffen sind. Zum Beispiel wenn es um das CO2-Gesetz oder allgemeine Fragen rund um das Automobil und den Strassenverkehr geht.
E-Mobilität, alternative Antriebe wie Wasserstoff und Erdgas, jetzt kommt eFuel dazu. Was muss geschehen, um die Verunsicherung der Konsumenten, aber auch der Garagisten auf ein erträgliches Mass zu reduzieren?
Die Branche befindet sich im Wandel, das spüren auch unsere Mitglieder. Deshalb ist der AGVS bestrebt, über alle verschiedenen Antriebsformen zu sensibilisieren, zu informieren und auch weiterzubilden. So kann der Garagist in seiner Funktion als Vertrauensperson und Ratgeber dazu beitragen, verunsicherten Kundinnen und Kunden durch belegbare Fakten bei ihren Entscheidungen zu helfen.
Kann man jungen Menschen aus Ihrer Sicht heute noch empfehlen, ihre Berufung in dieser durch die Corona-Krise nicht einschätzbaren Situation sowie die nervende Chipproblematik arg gebeutelten Branche zu sehen?
Die Probleme mit den Halbleitern werden hoffentlich bald der Vergangenheit angehören. Moderne Antriebe mit Wasserstoff, Strom, Erdgas und bald auch mit eFuel machen Berufe, die mit dem Auto verbunden sind, noch interessanter, aber auch sehr viel anspruchsvoller. Autoberufe entwickeln sich ständig weiter. Man denke nur an die Digitalisierung in fast allen Bereichen.
Ab 2022 gibt es zudem eine neue Lehre als Automobilverkaufsberater/-in (Detailhandelsfachmann/-frau Automobil Sales), um Kompetenzen im Bereich Mobilitätsberatung betreffend Antriebstechnologien, Fahrerassistenzsystemen und Dienstleistungen in den Garagen zu stärken.
Nach einer Grundausbildung gibt es vielfältige Weiterbildungen, die gute Voraussetzungen für eine Karriere in der Automobilbranche schaffen. Der AGVS bietet in der höheren Berufsbildung sechs Prüfungen mit eidgenössischem Fachausweis sowie die Unternehmerweiterbildung zum diplomierten Betriebswirt. Hier hat jede und jeder eine Chance, das Berufsleben aktiv zu gestalten.
