Der Zeekr 001 AWD im Test: Schrecken der ­Etablierten

Unser Beileid: Wer den Zeekr 001 fährt, begreift, warum etablierte ­europäische Marken Panik vor den Chinesen haben. Denn der ­Nobelhobel spielt bereits auf Augenhöhe mit.

Fotos: Autosprint

Der Mann ist entsetzt! An der Waschanlage treffen wir auf einen BMW-Lenker. Es kommt zum typischen Wir-fahren-Zeekr-001-Gespräch. «Der sieht ja klasse aus!», beginnt es und führt über einen Sprachlehrgang (Zeekr spricht man «Siehkr») und die Preisfrage (ab 59’990 Franken) zum Probesitzen. «Meiner war 20’000 Franken teurer, aber schöner ist er innen nicht», resümiert der BMW-Pilot spürbar konsterniert. Autsch, das tut den Etablierten weh.

In Europa eine Edelmarke zu etablieren, ist schwer – siehe Lexus. Doch hinter Zeekr steckt nicht irgendwer: Wie Polestar und Volvo gehört Zeekr zu Geely und ist zwar chinesisch, aber entwickelt auch in Schweden und nutzt dieselbe Technik – das ist also nicht von schlechten Eltern. Das Design? Geschmackssache, aber schneidig. Okay, vielleicht etwas verspielt mit den XL-Rückleuchten, aber schick. Wir steigen mal ein in den 4,96 Meter langen Fünftürer, der unter «Shooting Brake» läuft und uns an einen Oberklassekombi erinnert. Kupferfarbene Dekorelemente mit feinster Haptik, tadellos verarbeitet – aber hallo! Kein Zweifel, der 001 hat Europaniveau. Platz gibt es auch hinten üppig, dort entspannt die loungeartige Sitzposition.

Volldigital als grosse Schwäche
Schwächen teilt sich der 001 mit allen durchdigitalisierten Autos. Alles, wirklich alles geht via Touchscreen. Um die Temperatur zu ändern, will ein Symbol gefunden sein – und dann geht beim Drücken ein Fenster mit mikroskopischem Schieberegler auf. Den beim Fahren treffen? Viel Glück. Aber: Das machen heute leider viele so. Die Assistenz dagegen nervt hier endlich mal nicht, weshalb wir Patzer wie die zu winzige Tempoanzeige im Head-up-Display verzeihen.

Konzentrieren wir uns aufs Fahren. Lenkung leicht, aber exakt – und der 001 ist auf Komfort getrimmt, der exzellent ausfällt. Kurven kann er sehr gut, aber tut es mit einem Feeling nicht unangenehmer, sondern solider Schwere. Schnell? Die Testvariante mit 400 kW/544 PS und Allrad geht im Sportmodus derartig ab, dass die 3,8 Sekunden auf Tempo 100 fast Angst machen. In jeder Lage Power satt, hoch spontan und ganz leise. Elektro hat schon was.

Die Reichweite reicht weit
Na, vielleicht finden wir Patzer bei der Reichweite? Es gibt drei Varianten: 200 kW/272 PS und Heckantrieb für 620 WLTP-Normkilometer, 400 kW/544 PS und Allrad für 585 oder 594 Kilometer. Unser «Privilege» soll 585 Kilometer schaffen. Wir kommen im Schnitt trotz kühler Witterung und viel Heizen auf 547 Kilometer. Kein nerviges Kopfkino, wann wir wo laden können, sondern fahren. Laden dauert am Schnelllader (200 kW) 30 Minuten von 10 auf 80 Prozent.

Auch Luxus aus China hat seinen Preis. Den Zeekr 001 gibt es ab 59’990 Franken, unsere Testvariante kommt mit Metalliclack auf 73’090 Franken. Kein Schnäppchen, nein – aber natürlich ausstattungsbereinigt vier- bis fünfstellig unter etablierten Nobelhobeln. Sicher, noch ist die Strahlkraft des Namens für die Luxusliga zu gering. Aber wie ernst Zeekr zu nehmen ist, zeigt die Anekdote zum Schluss: In China gibt es den 001 seit vier Jahren. Anders gesagt: Sogar China von gestern spielt heute schon auf Augenhöhe mit Europa.

Expertenmeinung: Zeekr 001 AWD «Privilege»
Wir sind beeindruckt: Im 001 lässt sich live erleben, wie stark die chinesischen Newcomer unterwegs sind. Der Zeekr legt einen gelungenen Premium-Auftritt fast ohne Fehler hin.
Vorteile
+ sehr gute Reichweite
+ hervorragender Komfort
+ überzeugende Qualität
Nachteile
– kleine Bedienschwächen
– etwas luftige Lenkung

Nachgefragt bei ­Linus Baumgartner, Brand Director Zeekr Schweiz

Herr Baumgartner, wie wichtig ist die Schweiz für Zeekr?
Linus Baumgartner: Der Schweizer Markt ist klein, doch wer hier besteht, besteht in Europa. Die Schweizer Kundschaft ist anspruchsvoll, technologieaffin und schätzt den Allradantrieb – genau das, was Zeekr liefert.
Wie unterscheidet sich Zeekr von anderen neuen Marken aus China?
Wir gehören zur internationalen Geely Holding – gemeinsam mit Marken wie Volvo, Polestar und Lotus. Zeekr denkt und baut die Fahrzeuge für Europa. Wir haben ein eigenes Forschungs- und Entwicklungszentrum im schwedischen Göteborg. Auch unser globales Designzentrum steht in Schweden.
Der 001 war der Zeekr-Erstling in der Schweiz. Was gibt es noch?
Neben dem Zeekr 001, einem Shooting Brake im Massanzug, sind auch der Kompakt-SUV Zeekr X sowie der SUV der nächsten Generation, der Zeekr 7X, verfügbar. Alle unsere Modelle sind für Menschen, die mehr wollen als nur von A nach B kommen. Mehr Performance, mehr Luxus und mehr Technologie. Zu Preisen, die mehr zum Leben übriglassen.
Wie Leapmotor wird Zeekr von Emil Frey ­importiert. Wie viele Händler haben Sie bereits?
Wir haben schweizweit bereits 10 Händler und planen bis Ende 2026 rund 20 Verkaufsstandorte zu haben. Alle unsere Zeekr-Partner bieten Beratung auf Augenhöhe und Fachleute, die Ihr Auto genauso schätzen wie die Kundschaft selbst.

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