Park and Ride: Clever umsteigen, stressfrei ankommen

Stau, Parkplatzfrust, teure Gebühren: Wer mit dem Auto in die Stadt fährt, braucht Nerven. Eine Lösung heisst Park and Ride. Hält das Konzept, was es verspricht?

Die Situation ist so bekannt wie ärgerlich: Plötzlich geht es kaum mehr vorwärts. Vor uns nur noch Bremslichter, soweit das Auge reicht. Der Blick auf die Navi-App verheisst wenig Gutes, auch die möglichen Umwege sind rot eingefärbt. Die Stadt so nah – und doch so fern. Da bleibt Autofahrerinnen und Autofahrer nur die Hoffnung, dass sie im Stau nicht zu viel Zeit verlieren. Ist diese Geduldsprobe überstanden, wird der Stress aber nicht unbedingt kleiner: Die Suche nach einem Parkplatz im Zentrum gestaltet sich oft sehr mühsam. Dabei könnte die Lösung für dieses Problem näher liegen als gedacht: Park and Ride (P+R). Das Prinzip ist simpel: Autofahrerinnen und Autofahrer parkieren an einem Bahnhof in der Agglo und steigen für den Rest der Strecke auf den ÖV um. In der Schweiz spricht man in der Regel von P+Rail, weil die Parkplätze meist direkt an SBB-Bahnhöfen oder S-Bahn-Haltestellen liegen. Gerade für Pendlerinnen und Pendler aus ländlichen Regionen, Besucherinnen und Besucher sowie Touristen eine gute Möglichkeit, stressfrei ans Ziel zu gelangen und angesichts der hohen städtischen Parkgebühren erst noch günstiger.

Apps für die Buchung
Ein Beispiel: Wer zum Beispiel von Bern her auf der A1 kommend nach Zürich will, stellt sein Auto auf dem P+Rail-Standort Dietikon ZH für acht Franken pro Tag ab, steigt in den Zug und ist nur eine Viertelstunde später am Hauptbahnhof (Retourbillett mit Halbtax für sieben Franken). Zum Vergleich: Ein Parkhaus in Zürich kostet schnell 35 bis 45 Franken pro Tag. Für die Buchung stehen Apps zur Auswahl. Ein Ticket lässt sich bequem über die P+Rail-App der SBB buchen (Voraussetzung ist ein SwissPass-Login), die den Standort erkennt und nahe Parkmöglichkeiten sucht. Ebenfalls hilfreich: Moderne Anlagen zeigen verfügbare Parkplätze bereits in Echtzeit an. Tickets können stundenoder tageweise gelöst und in der App verlängert oder storniert werden; die Parkzeit wird via Nummernschild digital kontrolliert. Weitere Apps wie Parkingpay oder EasyPark decken ebenfalls viele P+R-Zonen ab, bei Parkingpay zahlt man automatisch nur für die effektive Parkdauer.

Fotos: SBB

Es gibt auch Schwachstellen
Die Vorteile von P+R liegen auf der Hand: Die Parkplätze sind günstiger als in der City, die Tagespreise reichen von 3 bis 20 Franken, je nach Standort. Monatsabos kosten 30 bis 160 Franken, Jahresabos zwischen 300 und 1600 Franken (beide nur in Kombination mit einem gültigen ÖV-Abo erhältlich). Zu den tieferen Kosten kommen weitere, nicht zu unterschätzender Faktoren: Wer den Stadtverkehr umgeht, bleibt weitgehend stressfrei – und tut gleichzeitig etwas für die Umwelt und die anderen Autofahrer:innen, weil das Auto nicht bis ins Stadtzentrum fährt, was CO₂-Ausstoss, Lärm und Staus reduziert.

Trotz aller Vorteile hat das System natürlich auch Schwächen. Die Zahl der Plätze ist begrenzt, vor allem an stark frequentierten Bahnhöfen kann das mühsam werden. Wer zu spät kommt, geht leer aus – auch wenn er oder sie vorher ein Ticket gekauft hat. Ein weiterer Punkt: Nicht jeder P+R-Standort ist optimal an den ÖV angeschlossen. Wenn der Anschlussbus nur alle 30 Minuten fährt, verpufft der Zeitgewinn. Auch die Auffindbarkeit lässt manchmal zu wünschen übrig: Wer P+R-Anlagen nicht kennt, sucht teils lange nach Hinweisen darauf. Und schliesslich ist auch die Sicherheit immer wieder ein Thema: Autos, die stunden- oder tagelang auf P+R-Plätzen stehen, können Diebe anlocken. Ende Juli wurden beispielsweise in Zug zwei Autos aufgebrochen.

Das Ausland ist weiter
Das Potenzial von P+R ist noch gross, wie ein Blick ins Ausland zeigt. In Amsterdam (NL) etwa gibt es grosszügige Parkhäuser mit Kombiangeboten: Parkticket plus Tageskarte fürs Tram zum Einheitspreis. In Wien (A) parken Autofahrende für rund 4 Euro pro Tag an U-Bahn-Endstationen und gelangen direkt ins Zentrum. Kopenhagen (DK) kombiniert P+R mit Veloverleih und integriertem ÖV-Ticket. In Madrid (ES) wiederum sind viele Anlagen sogar kostenlos nutzbar, wenn man ein gültiges ÖV-Ticket hat. In der Schweiz sind wir noch nicht so weit, aber gerade Städte wie Zürich oder Lausanne VD holen auf.

Heute schon attraktiv
Das Fazit: P+R ist zwar kein Allheilmittel, aber eine clevere und viel zu oft übersehene Alternative für viele Autofahrerinnen und Autofahrer – besonders für Pendlerinnen und Pendler aus der Agglomeration oder für Stadtbesuchende, die keine Lust auf Stau und mühsames Parkplatzsuchen haben. Wer gut plant, spart Geld, Zeit, schont seine Nerven und die Umwelt. Doch die Stärken des Systems kommen nur dort voll zum Tragen, wo es genügend Plätze und einen dichten ÖV-Anschluss gibt. Hier besteht noch Verbesserungspotenzial. Trotzdem: Für den stressfreien Einstieg ins Stadtleben ist P+R heute schon eine attraktive Option.

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